CDU Ratsfraktion Gelsenkirchen

Jugendamtsskandal: CDU lehnt Auflösung des Untersuchungsausschusses ab!

Dazu die Rede des CDU-Fraktionsgeschäftsführers Sascha Kurth
435 Tage ist es her, dass ein Skandal unsere Stadt erschüttert hat. Ein Skandal, aufgedeckt von der Sendung MONITOR unter dem Titel „Mit Kindern Kasse machen“. Ein Skandal, der seinen Ausgangspunkt im Herzen unserer Stadt, beim Jugendamt nahm, genauer: beim ehemaligen Leiter des Jugendamtes, Alfons Wissmann, und seinem Stellvertreter Thomas Frings. (Ein Skandal) Der laut Vorwurf eine Überlegung des Kinderheims St. Josef mit dem privatwirtschaftlichem Eigeninteresse zweier Beteiligten verknüpfte, deren Aufgabe in unserer Stadt eigentlich das Kindeswohl war. Heute, 14 Monate später, stehen wir hier vor dem Schaden und vor dem Scherben, die dieser Skandal verursacht hat. Wir stehen vor den Gräben und streiten über die Verflechtungen, die die Aufklärung dieses Skandals zu Tage gefördert hat. Schaden, für die Kinder, die in der Einrichtung in Pecs untergebracht waren. Und über deren Qualität wir in den vergangenen Monaten viel zu wenig erfahren haben. Schaden für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Jugendamt unserer Stadt. Die einen guten Job machen, die aber vielfach ohne Schuld Vertrauen verloren haben und nun in einem ungewissen und vielfach feindlichen Umfeld ihre wichtige Aufgabe weiterhin vertrauensvoll erfüllen müssen. Schaden für das Image unserer Stadt. Durch den Skandal. Aber auch durch die Aufklärungsarbeit. Verflechtungen, die ans Licht gekommen sind. Verflechtungen zwischen Wissmann und Frings rund um ihre Neustart Kft. Zwischen Neustart und Beteiligten von St. Josef. Zwischen dem Jugendamt um Frings und dem Deutschen Kinderschutzbund. Zwischen Gelsenkirchen und der ungarischen Stadt Pecs. Zwischen Ferienfreizeiten der Stadt Gelsenkirchen und einem Reiterhof, der wiederum Wissmann und Hans-Jürgen Meißner gehörte. Zwischen jenem Meißner, ehemaliger Stellvertreter Wissmanns im Jugendamt, der AWO sowie dem Kinderschutzbund, die wiederum beide Ferienfreizeiten auf dem Reiterhof auf Kosten der Stadt ausrichteten. Verflechtungen, die dem Skandal in der Presse den Teilbereich der Pecs-Connection eingebracht haben. Gräben, die sich in der Aufklärung aufgetan haben. Am und im Untersuchungsausschuss. Um Minderheitenrechte und am Aufhebungsvertrag für Alfons Wissmann. 14 Monate nach dem ersten Bericht in der Sendung MONITOR, wissen wir heute einiges sicher. Wir wissen sicher, dass Alfons Wissmann und Thomas Frings die Neustart Kft gegründet haben und ein Kinderheim im ungarischen Pecs betrieben haben. Wir wissen sicher, dass 9 Jugendliche dort waren, allerdings kein junger Mensch aus der Obhut des Jugendamts Gelsenkirchen. Wir wissen, wie das System Neustart funktioniert hat. Über den Deutschen Kinderschutzbund, der seinen guten Namen hergegeben hat um die Auslandsmaßnahmen überhaupt möglich zu machen. Dessen Vorsitzende als Angestellte im Jugendamt Wissmann und Frings unterstellt war. Der Kinderschutzbund, der sowieso enge Verbindungen ins Jugendamt hegte und weitere Mitarbeiter als Honorarkräfte führte und von der Jugendamtsleitung großzügig mit Aufträgen bedacht wurde. Wir wissen auch, dass das System Neustart über das Kinderheim St. Josef lief, über die ehemalige Leiterhin Anja Gresch. Die fragwürdige Vereinbarungen unterschrieb ohne zeichnungsberechtigt zu sein. Die Werbung machte bei anderen Jugendämtern für die Angebote der Neustart Kft und somit Kinder von St. Josef nach Ungarn lotste. Wir wissen auch, dass es die Überbelegungen gab, über die die Sendung MONITOR berichtet hat. Spätestens seit dem Jahr 2002 sind die Überlegungen im Jugendamt aktenkundig, auch in den Geschäftsberichten des Trägers sind sie zu finden. Ob der Vorwurf, die Überbelegungen wurden gezielt gesteuert, haltbar ist, ist aber heute mehr als fraglich. Vielmehr liegt die Vermutung nahe, dass sich Alfons Wissmann den Umstand und das Wissen über die Überbelegung zu Nutze gemacht hat. Genauso wie er sein Wissen um die Überlegungen jahrelang dazu genutzt hat, die Preise zu drücken, anstatt, wie es richtig gewesen wäre, auf die Rechtslage zu verweisen und die Überlegungen zu beenden. Durch die nachweisebare Überbelegung und das Fehlverhalten in der Belegungspraxis bei St. Josef seit mindestens 2002 war es aber ein leichtes, die Verantwortung für diesen Skandal einseitig abzuladen. Dass alles bei der Leitung des Jugendamts, bei Alfons Wissmann, bekannt war – wird von einigen hier dezent verschwiegen, um die Schuld geschickt zu verteilen und den Blick auf das System Neustart, auf ein Geflecht an Beteiligten und auf die gesamten Zusammenhänge zu verstellen. Wir wissen auch, dass sich Alfons Wissmann offenbar keiner Schuld bewusst war. Dass er im Jahr 2004 eine Nebentätigkeit beantragte. Dass Dr. Beck sich bestenfalls gutgläubig täuschen lies. Dass diese Nebentätigkeit niemals hätte genehmigt werden dürfen. Wir verdanken es der Aufmerksamkeit der Personalverwaltung der Stadt und dem Skandal um Nebentätigkeiten 2004/2005, dass wir überhaupt Details zur Gesellschaft Neustart, zur Zusammenarbeit von Wissmann und Frings, vorfinden konnten. Wir wissen dadurch, dass die Causa Wissmann auf jeden Fall schon 2005 aktiv die Verwaltung beschäftigte. Wir wissen auch, dass die Stadt Pecs kein Zufall gewesen ist. Pecs war seit spätestens 1997 ein Begriff in der Stadt Gelsenkirchen, unter anderem als einziges Ziel von städtischen Ferienfreizeiten. Ferienfreizeiten auf einem Reiterhof, der sich zumindest teilweise in Besitz von Alfons Wissmann und seinem damaligen Stellvertreter im Jugendamt, Hans-Jürgen Meißner befand. Freizeiten, die teilweise vom Kinderschutzbund ausgerichtet wurden, die teilweise auch von der AWO ausgerichtet wurden, bei der Meißner die gleiche fragwürdige Rolle spielte, wie Frings beim Kinderschutzbund. All das mag unangenehm sein, weil es die engen Verbindungen zwischen dem Skandal und einem Geflecht von Personen und Organisationen aufzeigt, dass an alte Zeiten in der Stadt Gelsenkirchen erinnert. Es ist und bleibt aber ein evidenter Teil dieses Skandals und der untaugliche Versuch, die Aufklärung dieser Pecs-Connection zu verweigern, hat nur noch mehr Schaden in der Stadtgesellschaft angerichtet. Was wir nicht wissen ist, was einige der Beteiligten davon hatten. Wie Anja Gresch profitierte. Warum beim Kinderschutzbund jahrelang niemand das fragwürdige und nach eigener Darstellung außergewöhnliche Geschäftsmodell hinterfragte oder sich über die Einnahmen ohne Gegenleistung wunderte. Warum diese Fragen beim Kinderschutzbund bis heute niemand gestellt hat. Warum weder Dr. Beck als getäuschter Vorgesetzter noch die restliche Stadtspitze weiter nachhakten, als offenbart wurde, dass die Immobilie in Pecs weiter im Besitz von Wissmann und Frings bleiben würde. Warum die Politik nicht schon damals – trotz Nachfragen im Hauptausschuss – über die Tragweite informiert wurde. Wie die Beteiligten in Pecs zueinander gefunden haben. Diese Liste lässt sich lange fortsetzen. Zu den Hintergründen, warum manche Fragen offen sind lässt sich – und das hat der Untersuchungsausschuss getan – lange streiten. Über Einladungen zum Ausschuss, denen nicht gefolgt wurde. Über die Frage, ob der Aufhebungsvertrag politischen richtig oder falsch war, ob er wirtschaftlich richtig oder falsch war. Warum städtische Mitarbeiter nicht befragt werden durften und sich nicht geäußert haben. Mit dem heutigen Tag kommt ein Hintergrund hinzu: Die vorzeitige Auflösung des Untersuchungsausschusses. 435 Tage nach bekannt werden des Skandals liegt heute ein Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses vor. Ein Bericht, beschlossen alleine von der SPD Fraktion. Ein Bericht der inhaltlich an vielen Stellen falsch ist, mindestens aber fragwürdig. Und ein Bericht, der in Art und Umfang nicht den Fragen gerecht wird, die die Bürgerinnen und Bürger nach diesem Skandal haben. Alleine dieses Redemanuskript ist länger als die Ergebnis-Teile des jetzt vorliegenden Berichts, das KANN nicht der Abschlussbericht zu einem Skandal dieser Tragweite sein. Jetzt werden die Einwände kommen, dass die Protokolle zum Bericht zählen. Aber ein Protokoll ist kein Bericht für die Bürgerinnen und Bürger. Ein Protokoll ist keine Antwort auf die Fragen der Menschen. Die Protokolle sind allerhöchstens die Dokumentation der traurigen Rolle der SPD in diesem Skandal. Ein Skandal – der nie ein SPD-Skandal war, auch wenn Sie, liebe Sozialdemokraten, sich von Anfang an in die Opferrolle begeben haben, anstatt aktiv mit aufzuklären. Wenn der Jugendamtsskandal in der Wahrnehmung der Bürger jetzt ein SPD-Skandal wird, dann haben sie ihn selbst dazu gemacht. Mit der Art und Weise wie sie sich im Ausschuss verhalten haben. Wie sie mit ihrer absoluten Mehrheit umgegangen sind. Und wie sie das Thema jetzt abräumen wollen, obwohl viele Fragen offen sind. Für Sie gilt offenbar: Wer auf den Schmutz zeigt ist der Böse, nicht der, der ihn gemacht hat. Und das lassen zumindest wir ihnen nicht durchgehen! Dass sie Minderheitenvoten im ihrem Beschluss auch noch auf 3 Seiten begrenzen wollen, setzt dem Ganzen die Krone auf. Das ist noch mal ein Skandal im Skandal. Aber der Ärger darüber heute täuscht nicht darüber hinweg: Die Bürgerinnen und Bürger haben längst gemerkt, wie sie mit der Wahrheit umgehen. Und eigentlich wollte ich zu Ihrer traurigen Rolle mit ihrem Auflösungsantrag ursprünglich nichts mehr sagen, Herr Hansen. Aber eine Sache haben sie sich redlich verdient. Ich habe noch mal nachgesehen. Sie waren sogar wirklich bei jeder Sitzung – nicht immer ganz – aber in jeder Sitzung anwesend. Was glauben sie wäre ohne den Ausschuss rausgekommen? Und was bringt sie dazu zu glauben, dass wir fertig sind? Entweder haben sie es sich leicht gemacht, wollten punkten indem sie sagen, was angeblich in ihrem Umfeld sowieso alle denken. Oder sie richten die sinkende Piraten-Fahne, ihr persönliches Fähnchen, schon frühzeitig zum Wind aus. Die Antwort darauf erhalten wir gleich: wir sind gespannt wie sie sich zu diesem sogenannten Abschlussbericht verhalten. So oder so haben sie der Aufklärung und der Bürgerinnen und Bürgern einen Bärendienst erwiesen. Der Rat wird heute mit seiner SPD-Mehrheit diesen sogenannten Abschlussbericht beschließen und den Aufklärungsprozess beenden. Das lässt die Bürgerinnen und Bürger ratlos, teils fassungslos zurück. Sie lassen die Fragen offen. Die Menschen draußen werden sich selbst informieren und ihnen das nicht vergessen. Wir als CDU werden das nicht mittragen. Wir wollen die offenen Fragen beantworten.