CDU Ratsfraktion Gelsenkirchen

Handlungskonzept für die Aufnahme von Flüchtlingen in der Stadt Gelsenkirchen

Rede des Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Heinberg im Rat der Stadt am 1.10.2015
Anrede, die aktuellen und anhaltenden Flucht- und Wanderungsbewegungen in Richtung Europa und auch und vor allem in Richtung Deutschland stellen die Kommunen, auch Gelsenkirchen, vor immense und in Art und Umfang auch bis vor wenigen Monaten im vollen Umfang nicht absehbare organisatorische und integrationspolitische Herausforderungen. Ein planvoller Umgang mit diesem Jahrhundertereignis braucht gerade vor Ort ein Konzept, dass aus unserer Sicht Humanität und Rationalität im Umgang und in der Bewältigung der Herausforderung gleichermaßen berücksichtigen muss und zur Leitschnur macht. Darum, meine Damen und Herren, wird die CDU-Fraktion der heutigen Beschlussvorlage unter den Punkten a und b zustimmen und betrachtet das sogenannte Handlungskonzept für die Aufnahme von Flüchtlingen in der Stadt Gelsenkirchen als in den weiteren Beratungsverlauf eingebracht. Gestatten Sie mir einige wenige Anmerkungen zum sogenannten Rahmenbeschluss zur Schaffung weiterer Plätze zur Unterbringung von Flüchtlingen in Gelsenkirchen. Wenn die letzten Wochen und Monate auch hier in Gelsenkirchen eines gezeigt haben, dann, dass die Flüchtlinge, die in Gelsenkirchen ankommen, schnellstmöglich aus den Groß- und Sammelunterkünften heraus wollen und wenn irgendmöglich, nach erfolgter Registrierung und Aufnahme ihres Asylantrags, auch heraus sollen. Darum unterstützen wir das Vorhaben im Rahmenbeschluss, bis zu 500 Wohnungen in Gelsenkirchen anzumieten und - ich formuliere eine klare politische Erwartung – das Instrument der Beschlagnahme von privatem Wohnraum und damit von privatem Eigentum nicht zum Bestandteil eines aktuellen und zukünftigen Maßnahmenkatalogs der Stadt Gelsenkirchen zu machen. Wir sagen inhaltlich ganz deutlich: in diese angemieteten Wohnungen sollen bevorzugt Familien einziehen, Familien mit einer Bleiberechtsperspektive, Familien die vor Krieg, Verfolgung oder Not aus ihrer Heimat geflüchtet sind, die politisch verfolgt wurden oder politisch verfolgt werden. Wir in der CDU unterscheiden klar zwischen politisch Verfolgten, die vor Krieg, Vertreibung und Folter fliehen, und Menschen, die bessere wirtschaftliche Verhältnisse suchen oder aus politischer Unzufriedenheit mit den Bedingungen in ihren Herkunftsländern Teil der weltweiten Flucht- und Wanderungsbewegungen sind. Um diese Unterscheidung rechtssicher treffen zu können war die Entscheidung des Flüchtlingsgipfels aus der vergangenen Woche über die Aufnahme von weiteren Staaten in den Kreis der „sicheren Herkunftsländer“, in denen es keine politische Verfolgung, Krieg oder Bürgerkrieg gibt, ein notwendiger und wichtiger Schritt. Denn: die Anerkennungsquote für Asylbewerber aus diesen Staaten liegt bei nahezu null Prozent. Eine rechtssichere Zuordnung ermöglicht ein zügigeres Asylverfahren für Bewerber aus diesen Ländern. Dadurch entlasten wir die Behörden und stärken das Recht tatsächlich Verfolgter auf Schutz und Zuflucht. Die im Rahmen des Rahmenbeschlusses vorgesehenen Maßnahmen 2 und 3, also die bedarfsgerechte Einrichtung von weiteren Gemeinschaftsunterkünften in Wohnhäusern für die Unterbringung von bis zu 100 Personen und, soweit erforderlich, die Einrichtung weiterer Gemeinschaftsunterkünfte für die kurzzeitige Unterbringung von bis zu 300 Personen sind für uns zwei Punkte die deutlich machen, dass das Thema Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern sicher eine gesamtstädtische Aufgabe und gesamtstädtische Themenstellung darstellt und somit selbstverständlich in die Beratungen der Fachausschüsse gehört. Aber für uns, meine Damen und Herren, und dies rege ich an und beantrage es hier, gehört im Sinne einer Anhörung das Handlungskonzept insgesamt auch in die Beratungen und die Befassung in den Bezirksvertretungen. Gerade wenn es um die Lage, also die Standorte der Unterkünfte geht, muss auch die bezirkliche Politik und die örtliche Bürgerschaft die Möglichkeit der Information und der Beteiligung an der politischen Willensbildung erhalten. Darum, meine Damen und Herren, beantragen wir, mit der Zuständigkeit 1 ausgewiesen, die Drucksache 14-20/2024 auch in die Bezirksvertretungen einzubringen. Anrede, der unter c heute eingebrachte Entwurf der Verwaltung für ein kommunales Handlungskonzept, setzt, wie ich finde, die notwendigen Überschriften und Akzente, die wir in den kommenden Wochen intensiv beraten müssen und beraten wollen: Unterbringung, Gesundheit, Betreuung, Stadtgesellschaft, Sprach- und Integrationskurse, Bildung und Arbeit und Ausbildung. Wir werden uns mit den Sichtweisen und Handlungsvorschlägen der Verwaltung auseinandersetzen und Anregungen und gegebenenfalls auch Änderungs- oder Ergänzungsvorschläge aus Sicht der CDU-Fraktion machen. Klar ist an dieser Stelle aber auch: jede Maßnahme, jede Initiative, jedes Vorhaben, das Perspektiven für Menschen schaffen soll, braucht flankierend die notwendigen Ressourcen um wirkmächtig und nachhaltig die gestellten und zu erwartenden Herausforderungen meistern zu können. Selbstverständlich denke ich dabei auch an die Verantwortung des Bundes und appelliere an die verantwortliche Bundessozial- und arbeitsministerin und die Bundesregierung insgesamt dafür zu sorgen und entsprechend Mittel bereit zu stellen, damit eine bedarfs- und sachgerechte Finanzausstattung die Kommunen darin unterstützt alle anfallenden Kosten im und im Nachgang des Asylverfahrens zu decken. Die jetzt verhandelte 670 EURO-Pauschale zielt in die richtige Richtung, reicht aber nach unserer Auffassung nicht um die tatsächlich anfallenden Kosten im Asylbewerberverfahren für Unterbringung, gesundheitliche Versorgung und Integration pro Flüchtling auskömmlich und vollständig zu begleichen. Und selbstverständlich dürfen die Kommunen auch nicht mit den Verfahrensfolgekosten überfordert werden, denn schnelle Verfahren bei der Registrierung führen, und das hat OB Frank Baranowski heute zu Recht angemerkt, auch zu schneller anfallenden Kosten in den kommunalen Sozialhaushalten. Auch hier erwarten wir Kompensation durch den Bund. Aber, meine Damen und Herren, unser zukünftiges Handlungskonzept zur Integration von Flüchtlingen lebt auch von der Bereitschaft der Landesregierung, ihren Teil der Kostenlast zu tragen und so die Kommunen finanziell zu entlasten. Die Ankündigung der Ministerpräsidentin, die jetzt noch einmal und zusätzlich vom Bund für die Flüchtlingshilfe vorgesehenen Mittel für 2015 um 1,1 Milliarden EURO aufzustocken und diese dann auch tatsächlich 1:1 an die Kommunen weiter zu leiten, glaube ich erst, wenn das Geld auch in Gelsenkirchen angekommen ist! So wie das Land NRW sich bisher verhalten hat – das geflügelte Wort von den klebrigen Fingern der Landesregierung gehört ja mittlerweile zum politischen Rede-Vokabular - so kann und darf es nicht weitergehen. Nach unserer Verfassung ist das Land für die Finanzausstattung der Kommunen zuständig,- das ist Recht und Gesetz und das erwarten wir genau jetzt und vollumfänglich. Anrede, wir sind gespannt auf den politischen Austausch, die Diskussionen zum Entwurf eines Handlungskonzepts zur Integration von Flüchtlingen in Gelsenkirchen. Für die CDU-Fraktion steht fest: wenn es nicht gelingt, durch tatsächliche Integrationsanstrengungen, auf Basis von Rechtssicherheit und Praxisklarheit im individuellen Asylverfahren, sehr schnell die zu uns kommenden Menschen in die Kommunen und in die Stadtgesellschaft zu integrieren, dann sind soziale Verwerfungen und soziale Spannungen in den Stadtteilen und Quartieren mögliche Szenarien, die es unbedingt abzuwenden gilt. Darum werden wir die Dialog- und informationsorientierung des Handlungskonzeptes im Interesse der Akzeptanz von Maßnahmen und Vorhaben in der Stadtgesellschaft prüfen und bewerten. Wir wollen die Menschen in unserer Stadt bei der Bewältigung dieser Jahrhundertherausforderung mitnehmen, sie einbeziehen und auch ihre Sorgen, Fragen und Ängste mit im Blick behalten. Im Spannungsfeld von Humanität und Rationalität heißt das: schutzbedürftige Flüchtlinge dürfen unseren Schutz, unsere Solidarität und unsere Hilfe zur Selbsthilfe auf dem Weg in ein eigenverantwortliches Leben hier bei uns und mit uns erwarten und sie dürfen sich dieses Schutzes sicher sein. Ich sage aber auch: in einem Rechtsstaat steht am Ende eines rechtsstaatlichen Verfahrens ein Ergebnis. Und wenn dieses Ergebnis lautet, es gibt kein Bleiberecht weil Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten kommen oder aus anderen Gründen auf der Flucht sind als Krieg, Gewalt, Angst um Leib und Leben, Verfolgung wegen einer Religionszugehörigkeit und den weiteren anerkannten Fluchtgründen in der Genfer Flüchtlingskonvention, wenn dies abschließend festgestellt ist, dann muss ein Rechtsstaat auch sensibel und konsequent zugleich die Rückführung der Menschen in ihre Herkunftsländer organisieren und umsetzen. Ich persönlich bevorzuge eine EU-weite und EU-identische Regelung für den Umgang mit abgewiesenen Flüchtlingen und Asylbewerbern und ich bin der festen Überzeugung, dass die Fluchtursachen noch stärker in den Blick genommen und in den Herkunftsländern bekämpft werden müssen und ich hoffe sehr, dass es bald dazu tatsächlich kommt. Aber bis dahin, und das ist unsere Überzeugung und Erwartung als Lokalpolitikerinnen und Lokalpolitiker, ist der Bund z.B. weiter und zusätzlich gefordert die Asylverfahren zu beschleunigen, da sind aber auch die Bundesländer gefordert Recht nicht nur zu kennen, sondern auch Recht konsequent anzuwenden. Und dazu gehört in der Folge dann auch die Durchsetzung der Ausreisepflicht – notfalls durch eine zügige Abschiebung. Hier, meine Damen und Herren, stehen besonders die Länder in der Pflicht. Wir begrüßen sehr, dass beim Berliner Flüchtlingsgipfel zwischen Bund und Ländern vereinbart wurde, die Höchstdauer der Aussetzung von Abschiebungen durch die Länder von sechs auf drei Monate zu reduzieren. Und wir begrüßen die Zusage des Bundes die Länder bei der Rückführung aus den Erstaufnahmeeinrichtungen umfassend durch die Bundespolizei zu unterstützen. Anrede, ich bedanke mich ganz herzlich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stabsstelle Flüchtlinge, stellvertretend für alle bei Herrn Olbering, für die geleistete Arbeit und die Vorlage des Entwurfs. Wir werden mit großem Engagement und mit grundsätzlicher Unterstützung den vorgelegten Entwurf mit beraten,- im Interesse der Stadt, der hier lebenden und angekommenen Menschen und mit der Hoffnung auf ein weiter friedliches Miteinander in der Stadtgesellschaft.