CDU Ratsfraktion Gelsenkirchen

Resolution zur Flüchtlingshilfe

Rede des Vorsitzenden der CDU-Ratsfraktion Wolfgang Heinberg im Rat der Stadt am 20.08.2015
- es gilt das gesprochene Wort - Anrede, auf Initiative der CDU-Fraktion berät der Rat der Stadt Gelsenkirchen heute, lassen Sie es mich so sagen, ganz zu Anfang der Haushaltsberatungen 2016, eine Resolution, die sich mit einem Thema beschäftigt und beschäftigen muss, das zum Stichtag der Haushaltsaufstellung Ende April 2015 zwar grundsätzlich bekannt und auch schon von gewisser Bedeutung war. Aber das Thema Flüchtlingshilfe und Zuweisung von Flüchtlingen nach Gelsenkirchen hat sich seither mit einer rasanten und so nicht planbaren und absehbaren, gleichermaßen humanitären und wie fiskalischen Dynamik entwickelt, dass es heute faktisch erheblichen Einfluss auch auf unsere Möglichkeiten und Grenzen hat, kommunale Selbstverwaltung zu leben. Gestatten Sie mir, Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, einige wenige Vorbemerkungen. Das Grundrecht auf Asyl ist ein wichtiger Bestandteil unseres Grundgesetzes und es ist unsere Pflicht und unser Wille, Menschen in Not zu helfen, die in ihren Heimatländern bedroht, verfolgt oder misshandelt werden. In Deutschland und damit auch in Gelsenkirchen werden 2015 mehr Flüchtlinge ankommen als in den Jahren zuvor. Für den Bund hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière erst gestern eine neue Prognose vorgelegt. Demnach werden 2015 etwa 800.000 Menschen in Deutschland Schutz suchen und von ihrem Recht einen Asylantrag zu stellen Gebrauch machen. Das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) war bislang für 2015 von etwa 450.000 Flüchtlingen ausgegangen. Ich bin weit entfernt davon, meine Damen und Herren, hier zu sagen: das ist eine Herausforderung und Aufgabe die uns als Nation über Gebühr in Anspruch nimmt und die nicht gemeinsam zu stemmen ist. Diese Parolen werden wir, da bin ich fast sicher und das befürchte ich, von denjenigen vielleicht auch hier im Rat hören, die mit Angst, Misstrauen und Vorurteilen meinen Politik machen zu müssen. Damit das an dieser Stelle auch schon mal und erneut klar ist: jeder der die Notlage und die Existenzangst von Menschen instrumentalisiert die wir als christliche Demokraten „schutzbedürftige Flüchtlinge“ nennen, muss mit unserem klaren und eindeutigen Widerstand und Widerspruch rechnen,- heute und immer, meine Damen und Herren! Der Terror von Boko Haram, der Terror des sogenannten Islamischen Staats, die Folgen von Bürgerkriegen, Naturkatastrophen, Unterdrückung und Verfolgung, also die nackte Angst um das eigene Leben und das Leben der Familienangehörigen, sind die Hauptursachen für Menschen sich auf einen gefährlichen und viel zu oft tödlichen Weg über das Mittelmeer zu wagen oder über die Türkei und den Balkan den Landweg zu wählen. Das deutsche Asylrecht fußt auf der Genfer Flüchtlings-konvention. Und in dieser Genfer Flüchtlingskonvention ist klar geregelt: Armut und politische Unzufriedenheit sind nicht „asylrelevant“! Unter den Herkunftsländern mit den meisten Asylanträgen in Deutschland sind aktuell fünf Länder des Westbalkans. An der Spitze insgesamt steht das Bürgerkriegsland Syrien. Doch schon auf Rang zwei liegt der Kosovo, gefolgt von Albanien und Serbien und darauf folgen der Irak, Afghanistan, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina, Eritrea und Nigeria. Die Anerkennungsquote für Flüchtlinge aus dem Westbalkan ist in Deutschland extrem gering, sie liegt je nach Land zwischen 0,1 und 0,4 Prozent. Meine Damen und Herren, Armut und politische Unzufriedenheit sind nicht „asylrelevant“! Darum sagen wir als CDU-Fraktion auch sehr deutlich: Bund und Länder müssen Lösungen dafür finden, wie schneller als bisher festgestellt und sichergestellt werden kann, dass zukünftig nur Flüchtlinge auf die Kommunen verteilt werden, die einen gesicherten Aufenthaltsstatus erlangt haben oder eine Aussicht auf ein Bleiberecht haben. Die Entwicklung der Flüchtlingszahlen in Gelsenkirchen ist außerordentlich deutlich: 2012 lag die Zahl bei unter 300 Menschen, in den ersten acht Monaten 2015 sind wir schon bei mehr als 750 Menschen. Und wenn die Prognosen des Bundesinnenministers von gestern Realität werden, sind Zahlen irgendwo zwischen 2500 und 3000 Menschen insgesamt in 2015 nicht auszuschließen. Wir in Gelsenkirchen leisten genau wie alle anderen Kommunen in NRW und Deutschland unseren Beitrag die uns zugewiesenen Menschen menschenwürdig unterzubringen, zu versorgen, zu integrieren und ihnen eine sichere Bleibe zu geben. Und lassen Sie mich, meine Damen und Herren, an dieser Stelle auch allen Menschen in Gelsenkirchen danken, die in einer großen Welle der Hilfsbereitschaft und in vielen kleinen und großen Gesten aktuell oder schon immer deutlich machen: wer in Not ist, trifft in Gelsenkirchen auf Menschen die nicht nur das Wort Solidarität kennen, sondern die bereit sind Solidarität lebendig und erfahrbar werden zu lassen! Auch wir CDU-Mandatsträgerinnen und Mandatsträger werden uns weiter dafür einsetzen, dass dies so ist und auch so bleibt! Schutzbedürftige Flüchtlinge dürfen unseren Schutz, unsere Solidarität und Hilfe zur Selbsthilfe auf dem Weg in ein eigenverantwortliches Leben hier bei uns und mit uns erwarten und sich dieses Schutzes sicher sein. Ich sage aber auch: in einem Rechtsstaat steht am Ende eines rechtsstaatlichen Verfahrens ein Ergebnis. Und wenn dieses Ergebnis lautet, es gibt kein Bleiberecht, dann muss ein Rechtsstaat auch sensibel und konsequent zugleich die Rückführung der Menschen in ihre Herkunftsländer organisieren und umsetzen. Ich persönlich bevorzuge eine EU-weite und EU-identische Regelung für den Umgang mit abgewiesenen Flüchtlingen und Asylbewerbern und ich bin der festen Überzeugung, dass die Fluchtursachen noch stärker in den Blick genommen und in den Herkunftsländern bekämpft werden müssen und ich hoffe sehr, dass es bald dazu tatsächlich kommt. Aber bis dahin ist der Bund z.B. weiter und zusätzlich gefordert die Asylverfahren zu beschleunigen, da sind aber auch die Bundesländer gefordert Recht nicht nur zu kennen, sondern auch Recht konsequent anzuwenden. Anrede, ich wage die Prognose, dass sicher mehr als 2000 Menschen in 2015 als Asylbewerber und Flüchtlinge zu uns nach Gelsenkirchen kommen werden. Dies ist auch eine Herausforderung auch für den Haushalt 2016 der Stadt Gelsenkirchen. Insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass wir als Stärkungspakt-Kommune bestimmte Konsolidierungsziele und Konsolidierungsvorgaben einhalten und erreichen müssen. Unsere erheblichen kommunalen Mehraufwendungen für die Aufnahme, Unterbringung, gesundheitliche Versorgung und Integration der bei uns Zuflucht suchenden und bleibenden Personen wird sicher im Aufwand einen prominenten zweistelligen Millionenbetrag bedeuten. Und hier sind wir jetzt ganz konkret bei den Haushalts-beratungen 2016: die von mir in der vergangenen Woche öffentlich geforderte Vorgehensweise, nämlich dass die Landesregierung genau jetzt und ganz umgehend Rahmenbedingungen schaffen muss, damit die notwendigen und zusätzlichen Kosten unserer Stadt für die Aufnahme, Unterbringung, gesundheitliche Versorgung und Integration von Flüchtlingen quasi „vor die Stärkungspakt-Klammer“ gezogen werden können, oder wie es die Resolution ausdrückt, bei den gesetzlichen Vorgaben für Stärkungspaktkommunen berücksichtigt werden können, ist der Dreh- und Angelpunkt dieser Resolution. Und natürlich erwarte ich, erwartet die CDU-Fraktion, so wie es grundsätzlich in der Resolution heißt, dass die Landesregierung, ich sage endlich, jeden EURO den Berlin für die Flüchtlingshilfe vor Ort nach Düsseldorf überweist, dort auch ankommen läßt und z.B. wie Bayern, das Saarland, Thüringen oder Mecklenburg-Vorpommern 100 Prozent der Flüchtlingskosten in den Kommunen übernimmt. Herr Oberbürgermeister, meine sehr verehrten Damen und Herren, Gelsenkirchen ist vielleicht, nein ganz sicher, fiskalisch betrachtet eine „arme Stadt“. Nicht umsonst sind wir Stärkungspakt-Kommune. Aber wir sind eine „reiche und starke Stadt“ wenn es darum geht Herausforderungen zu meistern und Probleme zu überwinden. Man muss uns nur die Chance dazu geben. Und das bedeutet: auch aber nicht nur beim Thema Flüchtlingshilfe brauchen wir einen dauerhaften und dynamischen Mechanismus, der sich an den tatsächlichen Kosten der jeweils zugewiesenen Aufgaben orientiert und der geeignet ist, im Zusammenspiel von Bund und Ländern zu Gunsten der Kommunen und damit auch Gelsenkirchens faire und gerechte Lösungen für finanzschwache Kommunen zu bieten. Hilfe, meine Damen und Herren, braucht vor Ort auch die notwendige Finanzausstattung. Wir erwarten, dass die Landesregierung die Sondersituation, die sich aus unserem Engagement in der Flüchtlingshilfe insgesamt ergibt, anerkennt und diese Anerkennung auch ihren Niederschlag im weiteren Haushaltsberatungsverfahren findet. Herzlichen Dank!